„Wo ist der Sex geblieben?“, fragen sich viele Menschen, die in langen Partnerschaften leben. Insa Tiabilis möchte Mut machen, ihn zurückzuholen und bricht dazu Tabus.
Doch was ist denn überhaupt Sex? Über diese Frage denkt die Autorin im vorliegenden Buch leidenschaftlich, tabulos und doch systematisch nach. In ihrer Analyse betrachtet sie das Phänomen Sex aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Ihre Schwerpunkte legt sie dabei auf das Verhältnis von Sex und Lebensalter sowie von Sex und Beziehungsalter. Dazu greift sie sowohl auf ihre eigene sexuelle Biografie zurück als auch auf systematische, intellektuelle Überlegungen. „Sex ist Hauptsache neben anderen Hauptsachen, aber keine Nebensache!“, das sagt sie nach über dreißig Ehejahren. Insa Tiabilis stellt vieles infrage und bietet dafür Neues an. So wird der Blick für ungeahnte Möglichkeiten frei: Frau und Mann kommen wieder zusammen.
Was ist das für ein Buch?
Dieses Buch ist kein Ratgeber. Ich sage dir darin nicht, was du tun oder lassen sollst. Es ist vielmehr ein Buch, das dazu inspirieren soll, selbst zu denken. Ich denke hier sozusagen laut über Sex nach. Was ist eigentlich Sex? Ich schreibe dabei ganz bewusst „Sex“ und nicht „Sexualität“. Für mein Empfinden schwingt beim Begriff „Sexualität“ eine gewisse Distanziertheit mit, die ich in meinem Denken nicht habe und daher auch im vorliegenden Buch nicht will. Ich nenne die Dinge hier beim Namen. Dies ist kein qualifiziertes Fachbuch, sondern ein qualifiziert persönliches Buch. Es sind meine Erfahrung und mein Blickwinkel, die ich dir anbiete. Die Lektüre ist bewusst und unvermeidbar subjektiv, weil sie auf meiner persönlichen Erfahrung basiert. Ich habe nicht den Anspruch auf Ausgewogenheit und allumfassende Sachlichkeit oder Objektivität, wohl aber auf eine vielseitige Betrachtung. Der Titel deutet das bereits an: Hauptsache zusammen? Hauptsache Sex zusammen? Hauptsache Sex? Jede Variante soll hier besprochen werden. Ich möchte meine Erfahrung in einen weiteren Blickwinkel einordnen, der aber immer nur ein Blickwinkel von vielen sein kann.
Es geht also um die Frage: Was ist Sex? Ich möchte vorwegschicken, dass diese Frage im vorliegenden Buch keine endgültige Antwort finden wird. Doch gerade das reizt mich. Auf die Frage, was Sex ist, gibt es so viele richtige Antworten, wie es Menschen gibt. Es kommt immer darauf an, wem man die Frage stellt. Der Biologe wird eine andere Antwort geben als der Psychotherapeut oder der Philosoph. Ich werde eine andere Antwort geben als du. Diese Frage rund um den Sex bewege ich bewusst in mir, seit ich mein Sexleben Anfang 2017 auf äußerst beglückende Weise reanimiert habe. Doch heute weiß ich: Unbewusst arbeitet diese Frage ungefähr seit meinem zwölften Lebensjahr in mir. Ist Sex ein Trieb? Ein Fluch? Ein Segen? Eine Lust? Eine Pflicht? Alles davon ist möglich, ebenso wie nichts von all dem. Für mich persönlich bedeutet Sex das Paradies. An diesem Zugang möchte ich dich teilhaben lassen. Ich möchte genau hinschauen und dich neugierig darauf machen, was Sex für mich ist und für dich vielleicht sein könnte. Dazu möchte ich den Sex von vielen unterschiedlichen Seiten beleuchten.
Das vorliegende Buch gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil schaue ich auf den Sex in meinem Lebensalter von fast sechzig Jahren, dann reise ich zurück an den Anfang meines Lebens und beschäftige mich mit dem Weg von meinen ersten Anfängen bis in meine biografische Gegenwart. Auf dem Weg lege ich einige Stopps ein und betrachte den Sex, wie er uns in der Welt begegnet, aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Auch mit dem Sex in langen Partnerbeziehungen werde ich mich ausführlich auseinandersetzen. Den ein oder anderen Exkurs zu besonders relevanten Themen werde ich auch unternehmen. Dann möchte ich dich einladen auf den Jahrmarkt der Ideen, wie wir unser sexuelles Leben in der Praxis gestalten können. Bevor ich im zweiten Teil ausführlicher von meinen persönlichen Erfahrungen und meiner Entwicklung erzählen werde, soll mein Ehemann Robert selbst zu Wort kommen. Und auch mein zweiter Partner Wilhelm wird seine Sicht der Dinge beisteuern. Zum Schluss versuche ich einen Ausblick in meine und damit auch in deine mögliche Sexzukunft. Insbesondere möchte ich mich der Betrachtung von unbefriedigendem oder keinem Sex in langen Beziehungen widmen. Ich sage bewusst nicht „fehlendem Sex“, denn vielleicht fehlt er nicht. Der gesamten Betrachtung des Sex möchte ich mich so widmen, wie ich es mit anderen Problemen auch tun würde: sachlich und strukturiert und offen für alles, was relevant sein könnte. Das ist mitnichten unerotisch. In Wahrheit ist es immer gut, den Kopf zu benutzen, wenn wir bei einer Aufgabe oder einem Problem zu einem guten Ergebnis kommen wollen. Das wichtigste Sexualorgan ist der Kopf. Beim Sex, aber auch davor und danach. Da wir keine Sexkultur haben, die im Alltag das Gespräch und den Austausch ermöglicht, möchte ich das, was ich eigentlich bei jeder Gelegenheit erzählen möchte, als Buch anbieten. Mein Verhältnis zum Sex ist positiv und dieses Buch ebenfalls. Der Fokus liegt auf den Möglichkeiten und nicht auf den Problemen, besonders beim Zusammenhang von Sex mit Lebensalter und Beziehungsalter.
Für wen ist das Buch? Was nützt dir die Lektüre?
Mein Buch richtet sich nicht nur, aber vor allem an Menschen in Partnerschaftsbeziehungen, die schon viele Jahre oder Jahrzehnte andauern. Der Sex verändert sich im Laufe der Zeit und das wird in vielen Partnerschaften zum Problem. Ich bin versucht, zu sagen, in allen Partnerschaften, aber das ist nur eine Vermutung. Dieses Buch könnte aber durchaus auch für jüngere Menschen interessant sein, die neugierig sind, wie das mit dem Sex so weitergehen könnte, wenn man älter wird. Ich habe natürlich eine weibliche Perspektive, aber diese kann sowohl für Frauen als auch für Männer bedeutsam und nutzbar für die eigene sexuelle Entwicklung sein. Mein Wunsch ist es, Menschen anzusprechen, die sich in einer Beziehung sehen, die nur noch ein blasser Abglanz dessen ist, was sie einmal war. Sie glauben ihre Partnerschaft aufgrund der sexuellen Abgekühltheit schon fast verloren, wollen sie aber nicht aufgeben. Vielleicht kann meine Beziehungsgeschichte eine Inspiration sein, um den Kontakt zwischen dir und deinem Partner wieder herzustellen. Das könnte euch den Aufbruch in eine neue Beziehungsepoche ermöglichen. Bewährtes könnt ihr mitnehmen, Neues aufnehmen, und das zurücklassen, was sich als nicht dienlich erwiesen hat. Ich schreibe bewusst nicht, einen Neuanfang „zu wagen“, das klingt nach Risiko. Ich glaube ganz fest daran, dass das Risiko eines freudlosen Daseins viel mehr im Verharren, im Stillstand liegt und weniger in der Veränderung. Alles, was unsere allzu geliebte Sicherheit durcheinanderbringt, birgt Chancen auf persönliches Wachstum. Dennoch möchte ich klar sagen, dass ich keine einfachen, universellen Wahrheiten im Gepäck habe, sondern nur Angebote zum Nachdenken, mit deren Hilfe ihr, so wünsche ich es euch, eure Lösungen entwickeln könnt.