Alternativen in Medien und Recht

 

Wir setzen dem Great Reset des Weltwirtschaftsforums ein We, ein Wir, entgegen. Die Reihe The Great WeSet widmet sich der Gegenöffentlich­keit, die sich in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens formiert hat.

Im ersten Band stellt Walter van Rossum Alternativen in Medien und Recht vor.

Während der Corona-Pandemie der Jahre 2020 bis 2023 wurden von der Regierung Maßnahmen ergriffen, die mit bislang ungekannten Freiheitsbeschränkungen und einer Aushebelung der Grundgesetze einhergingen. Die Politik – im Verbund mit Medien und einer gekauften Expertokratie – erklärte den Ausnahmezustand. Auch die Rechtsprechung beugte sich dem Pandemieregime. Jede Diskussion wurde unterbunden, einen Pluralismus der Meinungen gab es nicht mehr. Zweifelnde und Andersdenkende waren Repressalien ausgesetzt, viele wurden gar zu Irren oder Kriminellen erklärt.

Aber schon bald regte sich Widerstand, und das in unterschiedlichster Form. In den vergangenen Jahren hat sich eine bemerkenswert breite Gegenöffentlichkeit gebildet. Dieses Buch stellt einige Protagonisten und Initiativen dieser Opposition vor, die sich über den Anlass ihrer Entstehung hinaus zu verstetigen scheint. Denn es ist an der Zeit zu sichten, was Journalisten sowie mutige Anwälte, Richter und Polizisten bislang geleistet haben, und darüber nachzudenken, was in Zukunft zu leisten ist und vor welchen Herausforderungen wir stehen.

 

Medienecho

 

Vielleicht wird aus der „improvisierten Skizze“ einer wirkungsvollen Freiheitsbewegung dann mit der Zeit ein großes Gemälde. Ein Satz, der ziemlich am Anfang des Buches „The Great WeSet“ steht, kann jedenfalls als gute Nachricht gelten: „Im Rahmen einer Reihe folgen weitere Bände etwa über Wirtschaft und Gesundheit.“ Für begeisterte Leser dieses Bandes bedeutet das: Fortsetzung folgt.
Das wachsende Rettende manova.news, 20.10.2023
Auch wer mit der Bundesrepublik noch ganz zufrieden ist, wird davon profitieren, die Perspektive eines entschlossenen und intellektuell brillanten Aussteigers wie van Rossum kennenzulernen und mit ihm einen Rundgang durch die schon recht umfangreiche „Parallelgesellschaft“ der Entgeisterten zu wagen.
Parallelgesellschaft der Entgeisterten Berliner Zeitung, 11.10.2023
In van Rossums Zeilen schimmert viel Hoffnung durch. Er glaubt so stark an eine positive Wirkung der neuen Gegenöffentlichkeit, dass seine Zuversicht bisweilen geradezu ansteckend wirkt. Die Lektüre erweist sich aber nicht nur deswegen als großer Gewinn. Sie bietet auch sehr viel Lesevergnügen, das sich vor allem dann steigert, wenn der Autor seine Formulierungskunst demonstriert – mit geistreichen Sprachbildern und ungewöhnlichen Wortkreationen.
Buchrezension: “Alternativen in Medien und Recht” apolut, 19.9.2023

 

Blick ins Buch

 

Autor

Walter van Rossum

Walter van Rossum

Walter van Rossum, Jahrgang 1954, schloss seine Studien der Romanistik, Philosophie und Geschichte in Köln und Paris 1988 mit einem Doktortitel ab. Seine ersten Veröffentlichungen galten dem Werk von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir. Nach einigen Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Köln hat er sich als freier Autor etabliert – von WDR bis DLF, von ZEIT bis FAZ.

Als Medienkritiker wurde er 2004 einem großen Publikum bekannt, weil er mit Meine Sonntage mit Sabine Christiansen unbequem an bequemen Fernsehsesseln rüttelte. 2007 machte sich van Rossum dann endgültig unbeliebt, indem er unter dem legendären Titel Die Tagesshow: Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht eine der heiligen deutschen Informationskühe sprachlich brillant in ihre Einzelteile zerlegte.

Die panische und einseitige Berichterstattung der Medien während der Corona-Pandemie wurde für ihn zum Anlass einer systematischen Kritik. Das Ergebnis dieser geistreichen und akribisch belegten Recherche war das Enthüllungsbuch Meine Pandemie mit Professor Drosten. Noch im selben Jahr 2021 folgte Die Intensiv-Mafia, das er zusammen mit Tom Lausen geschrieben hat. Beide Bücher wurden zu Spiegel-Bestsellern.

Seit Herbst 2021 diskutiert Walter van Rossum mit wechselnden Gesprächspartnern über brisante Themen der Gegenwart. Die Kultsendung »The Great WeSet« wurde zunächst im Rubikon und wird jetzt bei Manova veröffentlicht.

 

 

 

Leseprobe

Vorwort

 

LESEPROBE: Alternativen in Medien und Recht

 

Als Reaktion auf die Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie 2020 bis 2023 von der Regierung ergriffen wurden, entstanden zahlreiche neue Formen des Widerstands. Die Politik – im Verbund mit Medien und einer neuen Expertokratie – hatte ohne gesetzliche Grundlagen den Ausnahmezustand erklärt. Das Notstandsregime regierte außerhalb des Grundgesetzes, unterband jede Diskussion und verfolgte Andersdenkende und Zweifelnde. In dem Maße, wie jegliche Kritik umgehend kriminalisiert wurde, bildeten sich neue Foren einer außerparlamentarischen Opposition.

Dieses Buch versucht eine Darstellung von bestimmten Teilen dieser Opposition, die sich über den Anlass hinaus zu verstetigen scheint. Ich beschränke mich hier auf die Bereiche Medien und Recht. Im Rahmen einer Reihe folgen weitere Bände etwa über Wirtschaft und Gesundheit. Tatsächlich kann ich selbst meine beiden Gebiete nur in Ausschnitten beschreiben. Ausmaß und Vielfalt der Parallelgesellschaft haben mich bei den Recherchen verblüfft, sie übersteigen den Rahmen eines Buches. Die neue Opposition in Sachen Medien und Recht hat sich eng im Zusammenhang mit – oder besser gesagt: gegen – die neuen Realitäten des Ausnahmezustands gebildet. Insofern kann man die Kapitel über Medien und Recht auch als eine Art Chronik der Jahre des Ausnahmezustands lesen.

„Warum ist auf einmal alles so anders und warum sind auf einmal alle so blind – ich aber nicht?“, fragt der Philosoph Gunnar Kaiser in seinem Buch Der Kult. Spätestens im März 2020 wurde alles anders. Da spürte jeder Einzelne den Zugriff unbekannter Kräfte. Es ging sehr schnell. Mit einem Mal glitten wir nicht mehr auf den Gleisen unseres Lebens, etwas setzte uns auf eine andere Spur. Wir verloren selbst die Illusion von Kontrolle. Die Geschichte würde ihren Lauf ändern, und wir hatten es nicht kommen sehen. Das war eine Erfahrung, die die meisten noch nicht gemacht hatten. Ich auch nicht. Am Montag, dem 16. März, stand ich im Garten, sah den Blütenstaub im milden Licht dieses wunderschönen Frühlingstages tanzen, spürte die samtweiche Luft und den Hauch einer Ahnung, dass mein bisheriges Leben zu Ende war und ich mich in einer anderen Welt noch einmal erfinden müsste. Es war nicht schrecklich, es war bloß überwältigend. So ist es geblieben. Auch davon handelt dieses Buch.

Nein, wir waren nicht zufrieden mit der Gegenwart, wir hatten uns bloß an sie gewöhnt und waren vollauf damit beschäftigt, den Kopf über Wasser zu halten. Leute wie ich hatten sich insgeheim damit arrangiert, Teile eines großen Fait accompli zu sein. Wir bekamen eine Art Gnadenbrot dafür, abendländischen Tiefsinn in die Luft zu pusten. Der Posten war vorgesehen und interessierte niemanden wirklich. Man hätte zufrieden sein können. Doch irgendwie rumorte das Abendland noch in einem: die Postulate des Guten, Wahren, Schönen, die Versprechen von Demokratie und Freiheit, die Tröstungen des Humanen, die Abenteuer des Denkens. All das hatte zwar nie funktioniert, aber der reichlich verwohnte Glanz der Ideale genügte uns. Wir waren Pausenclowns und hatten Mühe, uns ernst zu nehmen. Besseres fiel uns einfach nicht ein.

Dann kam der Sturz aus dem Gefüge. Und noch bevor wir das Geringste verstanden hatten, beschlossen wir, die Herausforderungen anzunehmen. Das ist, glaube ich, der Moment, der uns zu den „Sehenden“ hat werden lassen – auch wenn es für die meisten noch eine ganze Weile gedauert hat, etwas zu verstehen und schon gar das ganze Ausmaß. In dem Moment, da wir uns für den Zweifel entschieden, wurden wir in ein Ghetto eingeschlossen. Die Parallelgesellschaft hatten nicht wir gesucht. Sie wurde über uns verhängt. So schnell, so umfassend, dass man im Nachhinein nur vermuten kann: Die Quarantäne war vorgesehen.

Während ich diese Zeilen schreibe, implodiert die uns bekannte Welt, die ich immerhin schon eine ganze Weile bewohne. Sie implodiert langsam, als wollte man allzu viel Aufsehen vermeiden, um das unvermeidliche Chaos des Endes so lange wie möglich aufzuschieben. Es gibt offenbar Geschichten, auf deren fast sicheren Ausgang man sich nicht vorbereiten kann. Vielleicht wie die Deutschen 1944. Es wird wohl kein Mensch bei Sinnen noch an den Endsieg geglaubt haben, und doch hatte fast niemand die totale Niederlage auf dem Schirm. Die Zerstörung fraß sich in das Land. Man rettete sich in die Luftschutzbunker, feierte zwischendurch noch ein bisschen Weihnachten, beerdigte die Väter und schickte die letzten Kinder in kommende längst verlorene Schlachten.

Wahrscheinlich werden auch in unseren Tagen noch ein paar Kriege vom Zaun gebrochen, um dem Ruin seine physischen Umstände zu geben oder um ihm eine Art Logik zu verleihen. Wie sonst könnten die Menschen verstehen, dass die endlosen Staffelläufe des Fortschritts schier unirritierbar auf einen Ground Zero zulaufen? Zeitgenossen, die über zwei Jahre lang der Maske gedient haben, finden vielleicht Halt darin, Russland besiegen und die Ukraine befreien zu wollen. In der wirren Ahnung eines unbegreiflichen Endes werden Menschen zu Amokläufern, die jeden Gedanken erschießen, der sich ihnen in den Weg stellen könnte.

Während wir mal wieder ein Apfelbäumchen pflanzen. Es muss weitergehen. Vielleicht könnte es sogar besser weitergehen.

Es gibt reichlich und reich fundierte Vermutungen darüber, dass die Erosion unserer Realität weniger einigen Unfällen entsprungen ist, sondern vielmehr einem lange vorbereiteten Szenario gehorcht. In dieser Sicht der Dinge wohnen wir einer kontrollierten Zerrüttung bei. Kurz gesagt: Interessierte und außerordentlich potente Kreise fahren das System, das kurz vor dem Kollaps steht, herunter und haben bereits die Pläne für die Neukonstruktion ihrer Herrschaft in der Tasche. Es geht weniger um Geld, sondern um Kontrolle. Geld ohne Macht ist so gut wie wertlos.

Doch bereits vor der Pandemie hat sich eine Bewegung entwickelt, die sich außer Reichweite des seit geraumer Zeit absehbaren Systemcrashs bringt. Unauffällig und ohne Aufheben von sich zu machen. Um die Wahrheit zu sagen: Bevor ich mit diesem Buch begonnen habe, hatte ich bloß vage Ahnungen vom Ausmaß dieser Parallelgesellschaft oder besser: dieser Gegenkulturen. Eine gewisse Unauffindbarkeit gehört zum Geschäftsmodell dieser Bewegung. Insofern kann niemand genau sagen, wie viele Menschen in Deutschland sich längst klammheimlich vom Acker der gängigen Gesellschaftskonfiguration gemacht haben. Sicher hingegen ist, dass der verordnete Bruch mit der alten Normalität der Suche nach einer neuen, selbst geschaffenen Normalität einen gewaltigen Auftrieb verschafft hat. Es dürfte mittlerweile eine „kritische“ Zahl von Menschen geben, die aus dem System ausbrechen und das System aus ihrem Innenleben vertreiben wollen.

So wenig unsere Gesellschaft aus identitärer Einheit gegossen ist, so wenig sind jene Abtrünnigen eine geschlossene Veranstaltung. Der Aussteiger ist keine Erfindung unserer Tage. In der bürgerlichen Moderne haben Künstler sich meist als Vertreter einer gewissen Eigenart verstanden. Man könnte sogar sagen: Diese Spielwiesen kontrollierter Abweichung waren im großen Gesellschaftsganzen durchaus vorgesehen. Manchmal gründeten die Kreativen gar eigene Orte, Enklaven gewissermaßen, wo sie unter sich blieben und mit verschiedenen Lebensformen experimentierten. Allerdings blieben solche Künstlerkolonien meist im regen und parasitären Austausch mit den Metropolen, ohne die sie gar nicht hätten überleben können.

Ähnlich ging es den Aussteigern in den 1970er Jahren, halb Hippies, halb Revolutionäre im revolutionären Vorruhestand, die sich den Imperativen der Leistungsgesellschaft entziehen wollten. Doch es blieben individuelle Projekte, die im Laufe der Jahre meist zwischen die Mühlsteine des individuellen Hedonismus und einer abstrakten Geschichtsphilosophie gerieten. In den letzten Jahrzehnten haben Millionen Deutsche irgendwo im Rest der Welt eine Bleibe gefunden, wo sie entweder vom mitgebrachten Vermögen leben oder kleine Subsistenzökonomien aufgebaut haben. Dabei mögen ökonomische Gründe eine Rolle gespielt haben, etwa Angst vor Armut im Alter, oder dem Überdruss am Staffellauf der Krisen. Doch das sind ebenfalls alles individuelle Lebensentscheidungen.

Um persönliche Entscheidungen kommt niemand herum. Aber keiner rettet sich allein. Die Krakenarme des Systems sind lang. Hier geht es um die, die eine neue Gesellschaft aufbauen wollen, die anders leben wollen und die bereits eine ganze Reihe von „Musterbetrieben“ auf die Beine gestellt haben. Der Philosoph Milosz Matuschek hat das treffend beschrieben:

„Es wird kein Retter kommen. Kein Messias, kein plötzlicher Held, kein Held oder Neo aus Matrix. Es wird niemanden geben, der für den Einzelnen die Arbeit macht. Wer sich als Retter andient, will betrügen. Staatsgläubigkeit und Gehorsam führen ebenso in den Ruin wie der blinde Glaube an den Fortschritt, den Charles Baudelaire einmal die „Ideologie der Faulen“ genannt hat. Alles hängt gerade davon ab, ob sich die Gesellschaft selbst organisieren kann und einen gemeinsamen Willen zu bilden vermag. Gegen Machtkonzentration, Technokratie, Korporatismus und Planungszentralismus hilft nur die organisierte Kraft dezentral agierender Individuen. Es wird Zeit, dass der Bürger die Strukturen seiner Lebenswelt selbst in die Hand nimmt. Gegen korrupte Regierungen hilft nur, daran zu arbeiten, unregierbar zu werden.

Es gibt Mittel und Wege für jedermann, dem bisherigen System die Gefolgschaft zu entziehen, und es braucht nicht mal besonders viel Mut dazu: dezentrale Information durch Bürgerjournalismus. Dezentral organisierte Willensbildung von unten nach oben in vielerlei Initiativen. Dezentrales Geld wie Bitcoin statt Kaufkraftschwund und absehbare Enteignung. […] Gegen die Kraft der Vielen ist kein Kraut gewachsen. Die nächste Revolution wird dezentral sein, niedrigschwellig umsetzbar sein und nichts kann sie aufhalten.“

Das ist das Programm ohne Gebrauchsanweisung. Die Coronoia hat dieser Perspektive massenhaft Akteure zugeführt. Die Politik der Pandemie hat eine schwer quantifizierbare Menge von Menschen schlicht rausgeschmissen. Es geht nicht um ein paar Härtefälle, es geht um viele Millionen Bürger, die gleichsam über Nacht zu kriminellen oder kranken Elementen wurden. Wer sich der Politik nicht fügte, wurde entlassen oder bekam es mit der Justiz zu tun. Der Corona-Staat setzte Grundrechte außer Kraft als handle es sich um lästige Vorschriften einer Schrebergartenordnung. Die heilige Gewaltenteilung wurde als hinderlich erkannt und schamlos umgangen. Wer sich der quasitotalitären Gesundheitspolitik nicht unterordnete, den diffamierte man als „Querdenker“ – damit war eine frei erfundene Allianz von AfD, Reichsbürgern, Corona-Leugnern und Antisemiten gemeint. Diese Diffamierung bedeutete den Ausschluss aus der Öffentlichkeit, die jetzt fast nur noch aus geklonten Gläubigen bestand.

Dazu kamen die Millionen von Einzelhändlern, Handwerkern, Gastronomen, Hoteliers und anderen Mittelständlern mit ihren Angestellten, die entweder ihre Läden schließen mussten oder im Kriechgang überleben durften. Manche haben sich vielleicht damit getröstet, mit ihrem Opfer Leben gerettet zu haben, den meisten dürfte der Unsinn dieser Politik mittlerweile dämmern. Systematisch wurde die Angst vor einer gewaltigen Pandemie geschürt, und wer sich nicht vor Corona fürchtete, musste um seine Existenz bangen. Wer sich noch traute, einen eigenen Gedanken zu hegen, bekam die massive staatliche und soziale Repression zu spüren.

Und das Anschlussprogramm aus Inflation, explodierenden Energiepreisen, Lieferengpässen, einem Krieg in der Ukraine (dessen Eskalation der Westen sich so zu eigen macht, dass er dabei mit einiger Sicherheit untergeht), und einem gewaltig orchestrierten, jeden Tag näher rückenden Klimakollaps, nicht zu vergessen, die ständig geschürten Aussichten auf eine Rückkehr der Seuche mit den entsprechenden Maßnahmen, all dies ist nicht gerade geeignet, erschüttertes Vertrauen ins System wiederherzustellen. Kurz, mehr konnte man eigentlich nicht tun, um viele Menschen von systemischen Alternativen träumen zu lassen, von einem anderen Leben.

Ein erheblicher Teil dieser neuen Alternativen hat es nicht beim Traum belassen, sondern angefangen, alternative Welten zu entwerfen oder gar konkret einzurichten. Dabei sind sie auf manchen Veteranen gestoßen. Davon wird in diesem Buch zu erzählen sein: Vom Entstehen einer neuen Medienöffentlichkeit, von der Korrosion des Rechtsstaates und den Kämpfen dagegen im Lokalen und im großen Stil, aber es geht immer auch um den Auszug aus einer Realität, in der wir uns selbst aus den Augen verloren haben, einer Zivilisation, die beim Überhang der Mittel über die Zwecke schier den Verstand verloren hat.

Milosz Matuschek hat vollkommen recht: Diese Revolution wird nicht auf den Barrikaden stattfinden, und keine neue Junta muss installiert werden. Menschen wenden sich einfach ab, desertieren aus der bestehenden Ordnung und schließen sich zusammen, um etwas anderes zu erschaffen. Und sie werden da auf die treffen, die bereits zuvor nicht länger von dieser Welt sein wollten. Vielleicht keine neue Welt, es würden erst mal nur ein paar Orte reichen, an denen man nicht mehr lebt, als könnte man gewinnen – die Unsterblichkeit oder wenigstens ein Freispiel. So weit die Phantasie, von der Technokraten nicht mal träumen können.

Im Folgenden berichte ich von Projekten und Aktivisten, die bereits vor der Pandemie zu kritischen Außenseitern wurden und von denen, die seit Corona nach konkreten gesellschaftlichen Alternativen suchen. Es geht um eine gewisse Chronologie, die von den Umständen erzählt und davon, wie alles gekommen ist. Wir können nur von Beispielen erzählen und einige wenige Akteure vorstellen. Ein Buch allein mit der Aufzählung aller Aktivitäten und Aktivisten hätte unweigerlich Telefonbuchformat. Meine Auswahl versucht, das ganze Spektrum anzudeuten. Viele und vieles mussten unerwähnt bleiben. Ihnen ist das Buch gewidmet.